Seit 1993 organisiert ein kleines Team um Albrecht Dietze den EBM in Seiffen. Dieses Jahr stand somit der 25. Geburtstag an. Schon zum Jahreswechsel beschlossen wir in unserer EBM Freundesgruppe dass auch wir dieses Jahr wieder dabei sein wollten. Ich selbst stand zum letzten Mal vor 5 Jahren am Start und wollte dieses Jahr zum 5. Mal die lange Strecke über 100km absolvieren. Mein persönliches Ziel war bei jeder Teilnahme die Top 100 zu erreichen, um die schicke gelaserte Ahead Kappe zu erkämpfen. Bisher ist das wegen diverser Stürze und Schäden aber nur 1x 2008 gelungen. Mein Hauptaugenmerk auf das diesjährige Training war hauptsächlich auf Ausdauer ausgerichtet, um die 5 bis 6 Stunden mit der nötigen Leistung problemlos zu überstehen. Gebucht haben wir das Wochenende als Familienausflug. Am Freitag angekommen und die Räder mit den Kindern ausgepackt, um dann gleich die Kinderrunden abzufahren. Meine Tochter Lucienne wollte auch noch am Rennen teilnehmen. Sie musste 3,5km über Wiesen und Asphalt absolvieren. Mein Sohn Florian musste nun schon die Runde durch den Wald über 7,5km in Angriff nehmen. Auch die Kinderstrecken waren freitags schon top ausgeschildert, so dass wir sie problemlos finden konnten. Beide waren nach dem Abfahren guter Dinge und voll motiviert für Samstag. Lucienne stand zuerst am Start, gemeinsam mit ihr 40 Jungen und Mädchen der AK 7/8. Schon kurz nach dem Start war auf der leicht ansteigenden Wiese schon klar, dass auch in dieser AK es schwer ist überhaupt im Mittelfeld mit zu halten. Nach viel Motivation und Anfeuerungsrufen kam sie als 13. Mädchen ins Ziel. In Florian`s AK 9/10 standen 50 Kinder am Start. Ich positionierte mich am Ende des ersten langen Anstieges, um ihn anzufeuern. Doch das ganze Feld fuhr Kind für Kind vorbei und Florian kam nicht. Sein Freund Nils rief mir noch zu das Flo`s Kette runtergesprungen sei. Zum Glück hat ihm da jemand geholfen, so dass er als Letzter weiter fahren konnte. Nun galt es das Feld soweit wie möglich noch von hinten aufrollen. Am Ende konnte er noch 5 Jungen einholen und wurde 32. Das nächste Mal wird es wieder besser. Danach ging es für Mathias (Die Fahrradkette), Tino und mich zur Streckenbesichtigung. Dabei sind wir die neue Steilabfahrt 2x abgefahren. Für diejenigen, die sich die steile und extrem schmale Abfahrt nicht zutrauen, gibt es auch einen Chicken-Way zur Umfahrung. Das ging es los. Sonntag=Raceday: Die Startblockeinteilung erfolgt nach Vorjahresergebnis bzw. Ergebnisse von vergleichbaren anderen Veranstaltungen. Dank dem top Ergebnis vom Marathon im tschechischen Mimon durfte ich im Raceblock starten, was Block 2 von 5 und unter den ersten 10% der Startaufstellung bedeutet. Ich stand mit Mathias Funke und Silvio Hausschild nur ein paar Meter hinter dem aktuellen Marathon-Europameister Peeter Pruus aus Riga, Altmeister Thomas Nicke und einem hochkarätigen Feld der europäischen MTB Szene. Insgesamt waren rund 1360 Starter anwesend. Gänsehautstimmung kurz vor der neutralisierten Startfreigabe als die Startblöcke geöffnet wurden und die Massen nach vorn aufrücken durften. Punkt 9Uhr Start mit Manowar`s "Kings of Metal", es rollt extrem langsam den Alp de Wettin runter nach Seiffen, dann weiter die Hauptstrasse zum Ortskern, das Tempo wird langsam erhöht, vom Führungsfahrzeug werden die letzten 10 Sekunden runter gezählt und der Start erfolgt mit 5 Schüssen. Keine 10 Sekunden später liegen die ersten beiden schon auf der Straße, ich komm über den Fußweg gut vorbei und reihe mich in der endlosen Schlage der Einführungsrunde ein. Es geht dann eine langgezogene Schotter-Abfahrt wieder zur Straße runter. Diese wurde aber kurz vor dem EBM neu gesplittet sodass Vorsicht geboten war bei der hohen Geschwindigkeit. Die Straße zum Alp de Wettin Anstieg hin war ich immer noch in einer kleinen Gruppe mit Mathias und wir fuhren dann gemeinsam zum ersten Mal den Alp de Wettin durch die Menschenmassen am Straßenrand durch, das war Gänsehaut pur. Simone konnte ich noch schnell meine Weste übergeben. Dann ging es zum ersten Mal auf die richtige Runde. Ich verlor zwar Mathias aus den Augen doch konnte ich mich in kleinen Gruppen fahrend gut durch die erste Runde durchkämpfen. Das 2. Mal den Alp de Wettin hoch überholte ich zwei 300km Fahrer und zollte ihnen noch kurz meinen Respekt. Oben angekommen kam erst die führende Staffel vorbei. Bei der ersten Zieldurchfahrt lag ich ca. unter den Top50 der 100km Strecke. Wäre ich jetzt ins Ziel abgebogen wäre das ein Top10 Platz von ca. 160 der AK2 auf der 40km Strecke gewesen. Doch das war ja nicht mein Anspruch. Ich wollte die Top100 auf dem langen Kanten. Zusammen mit der führenden Frau Laura Hoffmüller ging’s in Runde 2. Auf der ersten schnellen Abfahrt merkte ich dass mein Bike nicht normal regierte. Ich dachte an zu wenig Luft auf dem Reifen. Mitten in einer kleinen verwurzelten Abfahrt sprang dann komisch mir das Hinterrad rum und ich rutschte auf einer Wurzel aus, küsste kurz den Boden doch es ging sofort weiter. Damit war mir klar dass schon wieder der Dämpfer ausgefallen war und das Lockout einfach nicht mehr zu entriegeln war. Ich hatte somit ein Hardtail. Es war mir klar das das mir auf der nächsten Steilabfahrt keinen Spaß machen würde, doch es kam noch schlimmer. Im oberen Teil der Abfahrt stand jemand links am Absperrband und machte etwas an seinem Bike, als ich an ihm vorbei fahren wollte legte er sein Rad plötzlich mitten in die Ideallinie und ich musste einen zu weiten Bogen drum rum nehmen, fuhr in ein Loch und überschlug mich nach vorn in Gestrüpp. Zum Glück habe ich den Baum paar Zentimeter neben mir nicht mitgenommen, dieser war auch leider nicht abgepolstert. Als ich mich mit Hilfe von anwesenden Helfern wieder aufgerappelt habe musste ich erstmal checken was noch geht und was wehtat. Das Bike war bis auf den Dämpfer noch ok, ich hatte Scherzen in der linken Hand und am rechten Knie, der linke Arm hat von Kratzern übersäht geblutet. Es ging aber trotzdem weiter und schön vorsichtig die Abfahrt weiter runter. Unten stand meine Familie die das besorgt beobachtet hatte. Ich konnte sie noch kurz beruhigen und fuhr weiter. Danach wurde das Rennen für mich zur Ausfahrt mit Schmerzen, mit der linken Hand konnte ich den Lenker kaum halten und bergauf nicht richtig reintreten wegen der Knieschmerzen. Es kamen wieder die Gedanken an die Jahre als ich auch wegen Stürzen aus den Top 100 gefallen bin. Das wollte ich nicht wieder haben. Zwischendurch kam dann noch der Spruch von einem 70km Fahrer "Quäl dich, du Sau" und ich nahm es wörtlich. Im Seiffner Grund konnte ich wieder Verpflegung von meiner Familie entgegen nehmen. Eingangs der 3. Runde kam Stefan Lösch vorbei. Er sagte mir das wir ca. auf Pos. 70 fuhren und ich bekam wieder Mut und fuhr weiter mein noch mögliches Tempo. Dabei zählte ich jeden der 100km Strecke mit schwarzen Nummern der mich noch überholte und wieder an der Steilabfahrt angekommen kam ich nur auf 7 Überholungen. Die Abfahrt fuhr ich nun schön vorsichtig runter, die Ideallinie war frei und alles ging gut. Im Seiffner Grund angekommen nahm ich mir am Verpflegungspunkt noch eine neue Trinkflasche, im Gegenanstieg musste ich noch meine Waffel essen um keinen Hungerast zu bekommen. Dabei überholten mich noch weitere Fahrer. Es kam noch der 5,6km lange Anstieg zum Reicheltberg, den ich ruhig hochfuhr. Oben angekommen dache ich dass ich um Platz 82 liegen muss, also Mission Top100 war save. Nur noch sicher und defektfrei wieder zum Seiffner Grund auf die Straße, dann zum letzten Mal den Alp de Wettin hochquälen, oben wurde ich nochmal vom Sprecher angefeuert und er gab mir noch mit das es für die besten 100 reicht. Das Glücksgefühl war überwältigend. Jetzt konnte ich locker zum Ziel rollen. Dabei ließ ich noch einen vorbei, auf einen Zielsprint mit erhöhten Sturzrisiko im Geschlängel der Zielanfahrt hatte ich keinen Bock mehr. Im Ziel angekommen war ich überglücklich als mir die Ahead Kappe zusätzlich zur Holz-Medaille umgehangen wurde. Am Ende stand Platz 87 von 216 Finishern und in der AK2 Platz 18 von 70 Finishern. Gewonnen hat der Europameister trotz Panne. Über 300km sind 10 tapfere Jungs ins Ziel gekommen, ich habe absoluten Respekt vor denen. Ich könnte mir nicht vorstellen 3x die 100km zu fahren. Nun gut regenerieren und nächstes Wochenende im Lausitzcup wieder reinhauen.
Kette rechts
Steffen